Projekte europäischer Zusammenarbeit

Europa gestalten

Armutsbekämpfung, gesellschaftlich Teilhabe, Flüchtlingspolitik, Sozial- und Gesundheitsschutz, Jugendarbeitslosigkeit, bürgerschaftliches Engagement – das sind alles Themen, die die Caritas bewegen und die auch in Brüssel regelmäßig auf der Tagesordnung stehen.

In Brüssel getroffene Entscheidungen wirken sich mittelbar oder auch unmittelbar auf benachteiligte Menschen oder auf die Dienste und Einrichtungen der Caritas aus. Als regionaler Dachverband will der Diözesan-Caritasverband in den Diskussionen auf europäischer Ebene mitmischen und engagierte Lobbyarbeit für ein gerechtes, friedliches und soziales Europa machen. 

Wichtige Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, um Anliegen der regionalen Ebene einzubringen, sind dabei die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der EU-Vertretung des Deutschen Caritasverbandes in Brüssel. Zudem verfügen wir über gute Kontakte zu Caritas Europa

Wir sind davon überzeugt, dass sich der caritative Einsatz für ein gerechtes und soziales Miteinander in Europa lohnt. Deshalb positionieren wir uns zu aktuellen europapolitischen Themen, führen Veranstaltungen durch, unterstützen Aktionen oder engagieren uns im Rahmen der jährlich im Mai stattfindenden Europawoche.

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Kann dieses System überhaupt fair sein?

Der Diözesan-Caritasverband Köln stellt sich der Diskussion um die „Live-In-Care“, die sogenannte „24-Stunden-Betreuung“ pflegebedürftiger Personen in der eigenen Häuslichkeit neu – und setzt dabei auf interdisziplinäre Vernetzung von Einsichten und Hilfen.

Auf den ersten Blick scheint es ein „Win-Win-Modell“: pflegebedürftige Menschen, die unbedingt in der eigenen Häuslichkeit bleiben wollen, aber nicht von ihren Angehörigen betreut werden können, erhalten zu Hause Unterstützung - wann immer sie möchten, rund um die Uhr. Und Menschen, vor allem Frauen, aus Osteuropa verdienen (auf Zeit) für ihre Verhältnisse „viel Geld“, zumindest im Vergleich zum Lohnniveau in den Herkunftsländern. So bieten Agenturen im Internet unter dem Stichwort „24-Stunden-Pflege“ anscheinend die ideale Alternative zum Heim: ein Rundum-Sorglos-Paket mit liebevollen Betreuungskräften aus Polen, und das schon ab 75 € pro Tag. (Wer’s nicht glaubt: einfach mal googeln.)

Die Wirklichkeit sieht anders aus. Vorab: wir wollen nicht bestreiten, dass es Fälle gibt, in denen Pflegebedürftige, ihre Angehörigen und auch die aus dem Ausland eingereisten Betreuungskräfte mit der gefunden Lösung froh sind. Rechtlich, vor allem arbeitsrechtlich, bewegen sich diese Modelle jedoch fast immer in einer Grauzone, am Rande oder jenseits der Legalität. Denn gesetzlich vorgeschriebene Höchstarbeitszeiten ebenso wie verbindlich einzuhaltende Ruhezeiten, die Tatsache, dass Bereitschaftszeit Arbeitszeit ist, und nicht zuletzt der Mindestlohn machen eine echte „24-Stunden-Betreuung“ in Deutschland zu einer sehr teuren Angelegenheit. Legal ist sie realistisch nicht mit einer, sondern nur mit mindestens vier bis fünf Vollzeitkräften abzusichern. Das können sich die wenigsten Familien leisten. In der Praxis erhalten deshalb die ausländischen Betreuungskräfte wie die sie beschäftigenden Haushalte über ein schwer durchschaubares System, in dem Vermittlungsagenturen eine zentrale Rolle spielen, letztlich Verträge, die etwas anderes „legal“ regeln, als beide Seiten erwarten. Probleme sind somit vorprogrammiert.

Faktisch erleben die Mitarbeitenden der Caritas, wenn sie professionelle Pflegedienste in Haushalten erbringen und dort auf mitlebende „24-Stunden-Kräfte“ treffen, allzu oft desaströse Situationen, die die völlige physische und psychische Überlastung der „24-Stunden-Kräfte“ spiegeln. Mitunter erinnert das an modernes Sklaventum, das der Würde der Versorgenden wie der Versorgten zuwiderläuft und für die Pflegebedürftigen mitunter sogar gefährlich werden kann. Während der harten Lockdowns in der Corona-Pandemie verschärfte sich die Situation. Plötzlich wurde offensichtlich, dass die etablierten Strukturen zur Betreuung pflegebedürftiger Personen in Deutschland aufgrund des allgegenwärtigen Fach- und Arbeitskräftemangels ohne jene Grauzone der „24-Stunden-Kräfte“ aus Osteuropa schlichtweg zusammenbrechen würden. Was also tun?

Im Arbeitskreis „Koordinatoren ambulante Pflege“ im Diözesan-Caritasverband Köln kam der Wunsch auf, mehr Informationen zu haben, um die betroffenen „24-Stunden-Kräfte“ ggf. auf Beratungsstellen aufmerksam machen zu können, die ihnen in schwierigen Lebens- und Arbeitssituationen helfen. So begann ein enger Austausch zunächst der unterschiedlichen Fachleute im Diözesan-Caritasverband (Altenhilfe, ambulante Dienste, Arbeitsmarktpolitik und Integration und Migration), der schließlich am 30. März 2022 zu einem ersten interdisziplinären „Expert_innenworkshop“ mit Fachleuten der Träger von ambulanten Pflegdiensten, der Beratungsstellen Arbeit und der Fachdienste für Integration und Migration führte.

Das Verständnis für die unterschiedlichen Zugänge der Kolleginnen und Kollegen zu diesem komplexen Problem- und Themenfeld wuchs. Am Ende freuten sich alle Beteiligten über für sie interessante und neue Erkenntnisse – und waren zugleich auch betroffen, weil zwar alle wissen, dass viele „24-Stunden-Kräfte“ in schwierigen Lebens- und Arbeitssituationen auch in Haushalten im Erzbistum Köln leben, aber bisher kaum jemand das Thema „so richtig“ angepackt hat. Das liegt auch daran, dass die Betroffenen häufig sehr isoliert sind. 

„Wir schauen hin!“ war deshalb ein wichtiger Leitsatz, der aus dem Expert_innenworkshop heraus spontan für das weitere Vorgehen vereinbart wurde. Konsens war, dass es nun darum gehen muss, gemeinsam „Haltungen“ zu entwickeln und in der praktischen Arbeit auch umzusetzen. „Haltungen“ zu leben, das fordert deutlich mehr, als nur theoretisch einem Positionspapier zuzustimmen, in dem alle (natürlich) illegale Arbeitsausbeutung ablehnen (aber eben auch nicht mehr). Wir vereinbarten, in einem diskursiven innverbandlichen Prozess Thesen zu unseren Haltungen in einem komplexen Spannungsfeld zu erarbeiten und dazu auch externer Spezialist_innen anzuhören; nicht zuletzt, um als Teil der katholischen Weltkirche auch die internationale Dimension des Themas angemessen im Blick zu halten.

Am 31. August 2022 war es dann so weit: im Kapitelsaal des Kölner IN VIA-Zentrums startete unser Fachtag „Live-In-Care“. Dr. Andrea Schaeffer, Referentin für Hospizarbeit, Palliativversorgung und Prävention beim Diözesan-Caritasverband Köln, führte als Moderatorin durch den Tag. Schon beim gemütlichen Willkommenscafé war jeder und jede zu einer ersten Positionierung eingeladen: Wie nah bin ich eigentlich am Thema dran – beruflich, aber auch privat? Das durfte mit Klebepunkten visualisiert werden. Peter Brüssel, Bereichsleiter Gesundheits-, Alten- und Behindertenhilfe im Diözesan-Caritasverband Köln, begrüßte über 30 Verantwortliche aus unterschiedlichen Fachdisziplinen der Caritas; und Helena Maqua (Leiterin der Abteilung Altenhilfe) und Andrea Raab (Bereich Soziale Integration, Europa und Arbeitsmarktpolitik) führten kurz ins Thema ein.

Anschließend steuerten online und in Präsenz vier Persönlichkeiten ihre Erfahrungen und Einordnungen bei. Live aus Berlin zugeschaltet stellte zuerst Justina Oblacewicz das DGB-Beratungsnetzwerk Faire Mobilität vor, das insbesondere Menschen aus Mittel- und Osteuropa in der Regel muttersprachlich in arbeits- und sozialrechtlichen Fragen berät. In NRW kooperieren auch die Beratungsstellen Arbeit mit diesem und anderen gewerkschaftlichen Zusammenschlüssen. Schätzungsweise 600.000 osteuropäische Betreuungskräfte, in der Regel Frauen zwischen 50 und 67 Jahren, sind derzeit in Deutschland in der häuslichen Betreuung tätig, so Frau Oblacewicz. Bezüglich der Arbeitszeit („24-Stunden“) besteht ein hoher Erwartungsdruck der Angehörigen und Pflegebedürftigen, der durch das Wohnen in deren Häuslichkeit noch verstärkt wird, vor allem was die prinzipielle Verfügbarkeit und Ansprechbarkeit in vielfältigen Anliegen anbelangt. Formal kann diese „24-Stunden-Pflege“ über Arbeitsverträge mit der Familie, einer Agentur oder auch einem Pflegedienst in Deutschland oder im Ausland geregelt werden, häufig auch als (schein-)selbstständige Tätigkeit. Insbesondere, wenn Dienstleistungsverträge mit und zwischen mehreren Agenturen ins Spiel kommen, ist das Ganze nur noch schwer durchschaubar. Typisch sind am Ende unzulässige Überschreitungen von zulässigen Höchstarbeitszeiten und unbezahlte Überstunden, ermöglicht durch fehlende Dokumentation. Die Betreuungskräfte sind für ihre Tätigkeit oft nicht hinreichend qualifiziert, ihre Unterbringung ist unbefriedigend und bei Überforderung oder in Konfliktsituationen ist keine Hilfe seitens eines verantwortlichen Arbeitgebers zu erwarten. Da aber in der Regel keiner der Beteiligten Interesse an gerichtlichen Auseinandersetzungen hat, gibt es bisher kaum Präzedenzfälle. Nur selten gelingt es Gewerkschaften, Betroffene in Klageverfahren zu begleiten. Im Alltag setzt das DGB-Netzwerk Faire Mobilität deshalb auf Beratung, Sensibilisierung und eine verbesserte internationale Zusammenarbeit zur Prävention.

Welche unmittelbaren Auswirkungen die massive Care-Migration, also das An- und Abwerben von Fach- und Arbeitskräften, auf die Herkunftsländer hat, besorgt und beschäftigt u.a. Dr. Andras Marton, Direktor der Caritas in der rumänischen Erzdiözese Alba Julia. Er wirkt derzeit für Caritas Europa in internationalen Arbeitsgruppen mit, die sich der Erarbeitung eines FAIR CARE STANDARDS für verbesserte Rahmenbedingungen in der Live-In-Betreuung widmen. Darüber hinaus sieht Herr Dr. Marton, dass die so dringend Aufbauarbeit in der Caritas in Rumänien selbst in große Gefahr gerät. In Rumänien nämlich ist die Infrastruktur prekär, vielen Pflegebedürftigen stehen nur wenige Pflegekräfte gegenüber. Die Caritas steht deshalb vor der ethischen Herausforderung, auch im internationalen Kontext Pflege so zu organisieren, dass sie als Recht jeder und jedem einzelnen zusteht – und nicht nur einigen wenigen in vergleichsweise reichen Ländern, die sich teure Privatbetreuung leisten können.

Und selbst diese Haushalte stellt das vermeintliche „Rundum-sorglos-Paket“ der „24-Stunden-Pflege“ vor jede Menge Tücken. Markus Sutorius, Referent Recht bei der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA), zeigte aus seiner Beratungspraxis auf, dass es im schwer durchschaubaren Vertragsdickicht der „24-Stunden-Pflege“ via Agentur oft zur Aushebelung des Widerrufsrechts kommt, dass die Haushalte formal weder Weisungsbefugnisse noch Mitspracherechte bei der Auswahl der Betreuungsperson haben und dass selbst bei Nicht- oder Falschleistung Gewährleistungsrechte (z. B. auf Schadensersatz) nicht geltend gemacht werden können. Viel Ärger und Beratungsbedarf gibt es auch wegen fehlender Regelungen zu Preiserhöhungen und Vertragskündigungen. Die BIVA wünscht sich deshalb vom Gesetzgeber dringend klare Regelungen, am besten EU-weit, oder auf nationaler Ebene über das Gesetz zur Regelung von Verträgen über Wohnraum mit Pflege- oder Betreuungsleistungen (WBVG) oder das SGB XI.

Etwa 500 Anfragen jährlich erreichen auch die Verbraucherzentrale NRW, wenn es um das Thema „häusliche Versorgung im Pflegefall“ geht. Rechtsanwältin Dr. Susanne Punsmann berät dort beispielsweise, wenn Überforderungssituationen auftreten, Agenturen ungeeignete Kräfte schicken oder in nicht lauterer Weise Preiserhöhung durchzusetzen versuchen. Viel lieber sind ihr aber die Fälle, in denen Menschen sich vorab präventiv an die Verbraucherzentrale wenden, um zu klären, welche Pflege- und Betreuungslösung für sie die richtige wäre. Der Pflegewegweiser NRW stellt dazu im Internet wichtige Hilfen zur Verfügung und will Betroffene und Familien unabhängig und kompetent durch die einzelnen Beratungsangebote lotsen. Häufig wird dann schon deutlich, dass die häusliche Pflege allein nicht mehr die richtige Lösung sein kann, so schmerzlich das im Einzelfall auch sein mag. Wegen der zumeist intransparenten Vertragsgestaltung rät sie von Vermittlungsagenturen und vermeintlichen „24-Stunden-Kräften“ eher ab und favorisiert (wenn denn) grundsätzlich das Arbeitgebermodell, also die Anstellung der Betreuungskräfte direkt durch den pflegebetroffenen Haushalt. Damit geht aber ein nicht zu unterschätzender organisatorischer Aufwand für die Arbeitgeberrolle einher, dem die Betroffenen zumeist nicht (mehr) gewachsen sind.

Wanda, mein Wunder – der kurze Filmimpuls rüttelte nach der Mittagspause mit leckeren Snacks und guten Gesprächen alle wieder auf. Wie können, wie wollen wir als Caritas im Erzbistum Köln weiter vorgehen? In einem World-Café konnten alle ihre Meinungen, Haltungen, Handlungsoptionen zu fünf im Vorfeld vorbereiteten Entwurfs-Thesen einbringen. Eines steht schon jetzt fest: So, wie sie mal waren, werden die fünf Thesen nicht bleiben. Ulrike Flenskov, Referentin für ambulante Dienste und Familienpflege, bündelte die Ergebnisse aus den World-Café-Tischen und leitete zu vorbereiteten Speed-Interviews über: Welche zentrale Aussage nehme ich heute mit? Was brauche ich zur Weiterarbeit am Thema? Was hat mir gefehlt? Was erwarte ich jetzt vom Diözesan-Caritasverband und seinen Diözesan-Arbeitsgemeinschaften? Die Antworten wurden kurz und knapp protokolliert.

Sie werden einfließen in den nun zu erstellenden „Orientierungs-Rahmen“, der ethische und politische Haltungen der Caritas im Erzbistum Köln auf den Punkt bringen und die Sprachfähigkeit aller Akteure stärken soll. Zugleich soll er europäische und europapolitische Dimensionen reflektieren (etwas die Entwicklung einer EU-Pflegestrategie) und praktische Impulse für die bessere Vernetzung der Fachdienste untereinander anregen. Ein dickes Arbeitspaket also, das nur in enger Abstimmung mit allen betroffenen Diözesan-Arbeitsgemeinschaften geschultert werden kann. Wir freuen uns darauf!

Von der breiten Öffentlichkeit zunächst weitgehend unbeachtet, begann am 9. Mai 2021 (Europatag) die Konferenz zur Zukunft Europas. Sie geht zurück auf eine Initiative des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron im Frühjahr 2019.

Seine Idee war, angesichts von Brexit und zunehmenden europafeindlichen Tendenzen, mit breiter Beteiligung der europäischen Bürgerinnen und Bürger über einen Neubeginn in der EU im Sinne von "Freiheit, Schutz und Fortschritt" zu beraten. Ursula von der Leyen griff dieses Anliegen bereits in ihrer Rede als Kandidatin für das Amt der EU-Kommissionspräsidentin engagiert und positiv auf.

Ende 2019 wurde die Einberufung einer Konferenz zur Zukunft Europas vom Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission in die Wege geleitet. Die Mitgliedsstaaten im Europäischen Rat dagegen standen dem Vorhaben zunächst zurückhaltend gegenüber, u. a. weil die Mandatierung unklar war.

Bedingt durch den Ausbruch der Corona-Pandemie wurde der ursprünglich für 2020 geplante Start der Konferenz zur Zukunft Europas mit mehreren großen Bürgerversammlungen auf 2021 verschoben und überwiegend auf digitalisierte Formate umgestellt. Inzwischen liegen als Grundlagendokumente eine Mitteilung der EU-Kommission vom 22.01.2020 (siehe hier) sowie eine gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission vom 10.03.2021 vor (siehe hier). Über digitale Plattformen der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments sowie Bürgerforen können Bürger_innen und Organisationen ab sofort ihre Ideen zur Zukunft Europas einbringen, an Veranstaltungen teilnehmen oder selbst Veranstaltungen organisieren.

Eine kurze, für mich treffende Aussage zu Rolle und Funktion der Konferenz zur Zukunft Europas steht auf der Homepage der Europäischen Union: "Bei der Konferenz zur Zukunft Europas handelt es sich um von Bürgerinnen und Bürgern getragene Debatten und Diskussionsreihen, bei denen die Menschen aus ganz Europa ihre Ideen austauschen und unsere gemeinsame Zukunft mitgestalten können. Die Konferenz ist die erste ihrer Art: als europaweite Übung in Sachen Demokratie bietet sie ein neues öffentliches Forum für eine offene, inklusive und transparente Bürgerdebatte über zentrale Prioritäten und Herausforderungen."

Zentrales Element der Konferenz zur Zukunft Europas ist das Plenum. Zu den Mitgliedern des Plenums gehört NRW-Europastaatssekretär Dr. Mark Speich (siehe hier und hier). Im Plenum sollen die Ergebnisse von Bürgerforen und (digitalen) Veranstaltungsplattformen diskutiert, ausgewertet und an einen sog. "Exekutivausschuss" weitergeleitet werden. Plenum und Exekutivausschuss sollen auf Grundlage der Ergebnisse der Veranstaltungen und Debatten voraussichtlich im Frühjahr 2022 einen Abschlussbericht, Schlussfolgerungen und Leitlinien verabschieden. Diese sollen zur mittel- und langfristigen Politik (Ziele, Strukturen, Prozesse) der EU beitragen und könnten sogar zu Änderungen der europäischen Verträge führen. Hierfür wäre jedoch ein anschließender, vermutlich langwieriger Vertragsänderungsprozess durch die EU-Mitgliedstaaten erforderlich. Aus sich heraus hat die Konferenz zur Zukunft Europas weder Gesetzgebungskompetenzen noch exekutive Befugnisse.

Nichtsdestotrotz bietet es sich an, das Konferenzgeschehen für die politische Interessenvertretung zu nutzen. Die Caritas will die EU als Wertegemeinschaft stärken und setzt sich für eine weltoffene, soziale, digitale und nachthaltige EU ein. Dazu hat der Deutsche Caritasverband eine Stellungnahme in die Konferenz eingebracht. Sie eignet sich prima als Anknüpfungspunkt für eigene Beiträge zur Mitgestaltung der diversen Beteiligungsformate in NRW. Die Unterzeichnerin z. B. stellte Thesen in eine Online-Plattform ein und gab Statements bei einem Bürgerdialog des Landtags ab.

Am 29.11. wurden bei einem weiteren Online-Bürgerdialog die Ergebnisse präsentiert und diskutiert. Soziale Themen sollten eher am Rande im Workshop "Wirtschaft" mitbehandelt werden. Doch es kam anders. Mobilität in der beruflichen Bildung, faire Beschäftigungsbedingungen und verbindliche EU-Rahmensetzungen für Mindestlohn und Mindestsicherung bewegten die Teilnehmenden mehr als gedacht. Am Ende schloss das Plenum mit der Botschaft: Die EU braucht eine starke soziale Dimension und beim Sozialen Europa gibt es eindeutig Nachholbedarf!

Autorin:
Andrea Raab