Rückkehr in Würde (c) MOAS

Rückkehr in Würde

Perspektivlosigkeit, die fehlende Familie oder eine prekäre Wohnsituation – wenn sich Geflüchtete entscheiden, in ihr Herkunftsland zurückzukehren, hilft die Beratungsstelle der Caritas Rhein-Sieg

Esther von Tottleben berät seit gut einem Jahr geflüchtete Menschen, die in ihr Heimatland zurückkehren wollen. Viele, die die Anlaufstelle des Caritasverbandes Rhein-Sieg aufsuchen, sind unfassbar verzweifelt. Oft sei die anhaltende Trennung von der Familie Grund für den Rückkehrwunsch, so Esther von Tottleben. „Die Formalitäten für die Familienzusammenführung in Deutschland sind fast unüberwindbar.“ Sie berichtet von einem jungen Mann, der seinen unbefristeten Job in Deutschland deshalb aufgab. Er habe gesagt: „Wie kann ich hier sein, wenn meine Frau und meine Kinder noch nicht in Sicherheit sind?“

Geplatzte Träume

Bei der Ausreiseberatung finden Rückkehrwillige Hilfe. „Die Beratung ist freiwillig, unabhängig und ergebnisoffen“, das ist der Teamleiterin Kirsten Liebmann wichtig. Angesprochen seien alle, die sich dafür interessieren, freiwillig in ihr Herkunftsland zurückzugehen – unabhängig vom Aufenthaltsstatus, so von Tottleben. Die genauen Gründe, warum die Menschen den Weg zurück in ihre alte Heimat wählen, wiegen schwer. Besonders die schwierige Wohnsituation in zentralen Unterbringungseinrichtungen, ganz ohne Privatsphäre, raubt vielen den Mut zum Weitermachen. Hinzu kommt die Unsicherheit, jederzeit abgeschoben werden zu können. „Mit einer begleiteten Ausreise können wir den Ratsuchenden ein Stück Selbstbestimmung und Würde zurückgeben“, schildert die Teamleiterin Kirsten Liebmann. Wer keine Chance mehr habe oder für sich sehe, könne wenigstens über Ort und Zeitpunkt seiner Ausreise selbst bestimmen.

Zurück mit Hindernissen

Doch so steinig der Weg über die deutsche Grenze meist gewesen ist, so mühsam ist auch die Rückkehr. Bei vielen zog sich der Prozess sehr lange hin – auch, weil oft Dokumente fehlen. „Bei der Einreise müssen Flüchtlinge ihre Originalpapiere abgeben“, berichtet von Tottleben. Es gilt, Arztbefunde und Zeugnisse zusammenzutragen. Hinzu kommt: Jeder Fall ist individuell. Für jedes Herkunftsland gibt es besondere Voraussetzungen, andererseits auch Möglichkeiten für eine neue Perspektive. Manchmal kann eine finanzielle Unterstützung beantragt werden oder ein Coaching zur Selbstständigkeit. Wie unlängst etwa, als es um den Aufbau einer Hühnerfarm in Marokko ging. Weiterführende Hilfe gibt es bei der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und der Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (ZIRF).

Wieder neu anfangen

„Es ist oft traurig“, erinnert sich von Tottleben an einen Klienten aus Bangladesch, für dessen Aufbruch in eine neue Welt die Familie daheim ihr Hab und Gut verkauft hatte. Nun kehrt er mit leeren Händen zurück. „Für diese Familie war alles umsonst.“ Biografien wie diese gibt es viele. Aber auch die Dankbarkeit, wenn eine Rückkehr irgendwann erfolgreich ist: „Ein Journalist aus Kabul hat uns gerade geschrieben. Das Lächeln seiner Kinder bei der Ankunft in Afghanistan sei sein Geschenk gewesen.“

Dörte Staudt

Bild oben:
Flüchtlinge im Mittelmeer, gerettet von der Organisation MOAS. Trotz lebensgefährlicher Flucht entscheiden sich manchen nach Jahren, in ihr Herkunftsland zurückzukehren – die Ausreiseberatung hilft bei den Formalitäten.

Fotohinweis: MOAS