„Sucht fliegt eher auf“

17.03.21, 09:00
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Marco Eschenbach

Im Lockdown ist heimlicher Konsum schwierig. Nachfrage nach Caritas-Beratungsangeboten deutlich gestiegen

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Köln – Die Anfragen an die Sucht-Beratungsstellen der Caritas im Erzbistum Köln haben sich 2020 im Vergleich zum Vorjahr teilweise verdoppelt und steigen weiter stark an. Hauptgrund dafür sei die Tatsache, dass in Lockdown-Zeiten ein problematischer Umgang mit Alkohol, Drogen oder dem Internet eher auffliege, sagt Angelika Schels-Bernards, Referentin für Suchthilfe beim Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln. Oft seien es Angehörige, die sich nach Hilfs- und Beratungsangeboten erkundigten.

„Familienmitglieder verbringen mehr Zeit miteinander, da bleibt Suchtverhalten oft nicht unbemerkt. Vor dem Lockdown boten zum Beispiel Schule und Arbeit eine Menge Nischen, um heimlich zu konsumieren“, sagt Schels-Bernards. Das betreffe sowohl den Konsum von Suchtmitteln als auch Störungen im Umgang mit dem Glücksspiel oder dem Internet. 

Gerade für Menschen, die nach einer Sucht abstinent leben, sei der Lockdown Gift: „Die Folgen der Corona-Pandemie wirken wie ein Beschleuniger von Problemen, das gilt besonders für suchtkranke Menschen. Frustration und Einsamkeit, aber auch Kurzarbeit oder Entlassungen, können Menschen zurück in die Abhängigkeit treiben“, so Schels-Bernards. Problematische Phänomene wie etwa der Alkoholkonsum tagsüber könnten sich zusammen mit fehlender Tagesstruktur rasch zu einem unkontrollierten Suchtverhalten entwickeln. Besonders schwierig sei die Situation momentan für die Suchtselbsthilfe, da sich Gruppen nicht treffen und digitale Formate nur bedingt genutzt werden können.

Um die steigende Nachfrage nach Hilfe abzudecken, nutzen die 24 Sucht-Beratungsstellen der Caritas im Erzbistum Köln zunehmend neue Formate, wie etwa Walk-&-Talk-Beratungen oder „therapeutische Spaziergänge“.

In Nordrhein-Westfalen finanzieren die Kommunen die Suchthilfe, das heißt, die Voraussetzung sind je nach Ort sehr unterschiedlich. Schels-Bernards fordert deshalb eine landesweit einheitliche Struktur: „Bislang lebt die Suchthilfe von der Hand in den Mund. Das wird dem immer komplexer werdenden Angebot und vor allem den unterschiedlichen Bedürfnissen der Betroffenen nicht gerecht.“ 

Hilfe und Informationen: www.beratung-caritasnet.de