„Leistungsentzug ist existenzgefährdend“

05.11.19, 10:30
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Marco Eschenbach

Flexibilität und Augenmaß statt Sanktionen: Caritas wiederholt Kritik an Hartz-IV-Strafmaßnahmen

„Leistungsentzug ist existenzgefährdend“ (c) www.pixabay.com

Karlsruhe/ Köln. Das Bundesverfassungsgericht korrigiert den Kurs der Sanktionsregeln für Hartz-IV-Empfänger: Einige der Maßnahmen sind nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, so die Richter. Verfassungswidrig sind vor allem starke Leistungskürzungen. „Wir begrüßen diese Entscheidung. Leistungsentzug ist existenzgefährdend. Er verschärft Armut und führt zu gesellschaftlicher Ausgrenzung“, sagt
Dr. Frank Johannes Hensel, Kölner Diözesan-Caritasdirektor.

Ablehnung von Jobangeboten, Abbruch einer Bildungsmaßnahme: Wenn Hartz-IV-Empfänger nicht mit Jobcentern kooperieren, droht ihnen amtliche Bestrafung – bis zum Wegfall der Unterstützung für Nahrung, Kleidung, Unterkunft und Heizung. Das Urteil hat dem jetzt einen Riegel vorgeschoben: Bei Verstößen gegen die Auflagen seien maximal um 30 Prozent reduzierte Leistungen möglich.  

Die Caritas sieht ihre Forderung nach einer Abschaffung von unverhältnismäßigen Hartz-IV-Sanktionen bestätigt: „Wenn das gewährte Existenzminimum gekürzt oder gestrichen wird, bedeutet dies für viele eine Katastrophe. Ein weiteres Abrutschen in Armut oder gar Obdachlosigkeit dürfen keine Folgen behördlichen Handelns sein“, sagt Hensel.

Vielmehr müssen Rechte und Pflichten der Leistungsberechtigten und die Pflichten des Staates angemessen sein. Hierzu gehöre auch die Miteinbeziehung von Wünschen und Bedürfnissen der Betroffenen sowie die Beratung zu Bescheiden und Rechtsfolgen. „Bestrafung ist der falsche Weg. Wir müssen Menschen befähigen, wieder am Arbeits- und Gesellschaftsleben teilzunehmen“, so Hensel. 

Meldeversäumnisse wurden in Karlsruhe ebenso nicht verhandelt wie Strafmaßnahmen für unter 25-Jährige. Im Umgang mit arbeitslosen jungen Menschen sieht die Caritas weiter großen Handlungsbedarf. Auch hier müssen in Zukunft die Maßnahmen dringend auf Rechtmäßigkeit überprüft werden.

2018 sind bundesweit 900.000 neue Sanktionen verhängt worden –172.000 betrafen erwerbsfähige Leistungsbezieher unter 25 Jahren.