„Es darf kein politisches Kalkül sein, dass nur 35 Prozent der Berechtigten die Leistungen des Kinderzuschlags in Anspruch nehmen“

20.09.23, 10:27
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Pia Klinkhammer

Weltkindertag: Caritas dringt darauf, dass Leistungen, die Kindern und Familien zustehen, auch dort ankommen

Weltkindertag (c) Pixabay

Köln. Zahlreiche Kinder in Nordrhein-Westfalen bekommen die negativen Folgen von Armut zu spüren. Eine gesunde Ernährung, sportliche Aktivitäten im Verein oder die Möglichkeit, mit Freunden etwas zu unternehmen – all dies ist nicht selbstverständlich. „Hinzu kommt, dass der Bildungsweg ärmerer Kinder in aller Regel steiniger und erfolgloser ist – wenig verwunderlich in der Folge mit niedrigeren Abschlüssen und erhöhtem Risiko von Arbeitslosigkeit“, sagt Diözesan-Caritasdirektor Dr. Frank Johannes Hensel zum Weltkindertag. 

Die für 2025 geplante Kindergrundsicherung ist nach Auffassung der Caritas ein erster richtiger Schritt. Um diese armutsfest zu gestalten, müssten künftig die Zugänge zu allen Leistungen unbürokratisch nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis leicht gemacht werden, fordert Hensel. „Es darf kein politisches Kalkül sein, dass nur 35 Prozent der Berechtigten die Leistungen des Kinderzuschlags in Anspruch nehmen“, betont er.

„Es hängt dabei längst nicht nur an Unwissen und Scham bei den betroffenen Eltern, sondern besonders auch an der Kompliziertheit von Formularen und Zugängen zu Ämtern. Eigentlich dürften Familienleistungen keine mühsame Holschuld darstellen. Schließlich rechnen die Finanzämter bei Besserverdienenden die günstigeren Freibeträge ungefragt aus“, so der Diözesan-Caritasdirektor.

Laut Bertelsmann-Stiftung ist in Deutschland mehr als jedes fünfte Kind (fast 3 Mio.) und jeder vierte junge Mensch zwischen 18 und 25 Jahren (über 1,5 Mio.) von Armut bedroht. Die gesellschaftlichen Gesamtkosten durch vergangene und aktuelle Kinderarmut belaufen sich Untersuchungen zufolge auf 100 Milliarden Euro pro Jahr. 

Für echte Bildungs- und Entfaltungschancen braucht es auch ein enges und stabiles Netz an Beratungs- und Unterstützungsangeboten. Hierzu gehören Angebote der Kinder- und Jugendhilfe, der Sprach- und Gesundheitsförderung, der Kinderbetreuung sowie Schulsozialarbeit. Hensel: „Die hohe Kinderarmut hierzulande ist kein naturgegebenes gesellschaftliches Phänomen, sondern ein vernachlässigtes politisches Problem, das sich biografisch verfestigt. Genau das muss sich ändern.“