„Die Vorstellung, dass Pepper die Lösung für den Pflegenotstand ist, war von vornherein falsch“

27.03.24, 09:33
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Laura Gebara

Im Interview mit der Caritas in NRW erklärt Wissenschaftler Felix Carros, warum der Hype um den Roboter verflogen ist

Pepper (c) DiCV / Harmann

Köln. Er ist so groß wie ein Schulkind, hat Kulleraugen, bewegliche Finger und ein Display auf der Brust. Der humanoide Roboter Pepper kam zum ersten Mal vor rund acht Jahren in Altenheimen zum Einsatz. Der Hype war groß. Als Entertainer und Assistent, so hoffte man, sollte Pepper Pflegekräfte entlasten. Doch die Bilanz fällt nüchtern aus. Im Erzbistum Köln ist Pepper lediglich noch in einer von 160 Altenpflege-Einrichtungen im Einsatz: im GFO-Zentrum am Oelberg St. Konstantia in Königswinter-Oberpleis. Felix Carros, Sozioinformatiker an der Uni Siegen, erklärt, warum sich Pepper bislang nicht durchsetzen konnte.

Felix Carros: Der Hype war überzogen. Pepper war damals ein interessantes neues Gerät, das zu einem erschwinglichen Preis – gemessen an der Robotik – zur Verfügung stand. Hinzu kam, dass das Thema des Pflegenotstands besonders im Fokus stand. Die Vorstellung, dass Pepper die Lösung für den Pflegenotstand ist, war von vornherein falsch. Pepper ist eher dafür gedacht, das Leben im Pflegeheim zu bereichern, er kann aber keinen Menschen ersetzen.

Welche Aufgaben kann Pepper denn wirklich übernehmen?

Carros: Pepper ist ein Roboter für den kommunikativen und interaktiven Einsatz. Er kann keine Dinge von A nach B bringen. Für den Sozialen Dienst kann der Roboter eine Assistenz sein, am besten funktioniert er gemeinsam mit einer moderierenden Person.

Wovon hängt es ab, ob Pepper in einer Einrichtung zum Erfolg wird?

Carros: Es geht um Freiwilligkeit und partizipative Entwicklung. Wir beobachten, dass manche Mitarbeitende den Roboter nutzen und andere eben nicht. Man kann niemanden verpflichten, mit Pepper zu arbeiten. Das gilt auch für Bewohnerinnen und Bewohner. Eine Anpassung der Programme von Pepper auf das spezifische Pflegeheim ist sehr hilfreich.

Gibt es inzwischen andere Robotik-Systeme, die vielversprechender sind als Pepper?

Carros: Es gibt viele interessante Systeme, die aber alle etwas andere Use-Cases haben. AIBO von Sony ist interessant, wird aber komplett anders eingesetzt und ist eher wie ein Haustier zu sehen. TEMI ist eher dafür da, Personen von A nach B zu bringen. Roboter sind nie Alleskönner, es wäre sinnvoll, Roboter mit verschiedenen Funktionen zu verbinden – der eine übernimmt die Kommunikation, der andere den Transport.

Welche Möglichkeiten ergeben sich durch Künstliche Intelligenz?

Carros: Gerade für die Kommunikation zwischen Mensch und Roboter ist KI interessant und schafft ganz neue Möglichkeiten. Wir haben es immer wieder erlebt, dass Bewohnerinnen und Bewohner versucht haben, mit dem Roboter zu sprechen, und enttäuscht wurden, weil der Roboter nur simple Antworten gegeben hat. Mit der KI sind nun auch komplexe, sogar philosophische Gespräche möglich. Aber es kommen dadurch auch neue Herausforderungen. Wir müssen uns um den Datenschutz Gedanken machen und wie damit umgegangen wird, dass die KI zwar spricht, aber nicht unbedingt immer die Wahrheit sagt. Auch die emotionale Ebene ist wichtig: Was macht dies mit den Bewohnenden, wenn sie mit dem Roboter lange Gespräche führen können?

 

Hintergrund: 

Weil die Nachfrage nach Pepper geringer ausfiel als angenommen, zog der japanische Hersteller Softbank 2021 dem Roboter den Stecker und stellte die Produktion ein. Ein Jahr später übernahm zwar ein deutsches Unternehmen die Robotik-Entwicklung von Softbank, den großen Durchbruch schaffte Pepper jedoch noch immer nicht.

Mehr zu Pepper und zur Pflegerobotik finden Sie in der aktuellen Ausgabe der Caritas in NRW: 
www.caritas-nrw.de 

Bilder zum Einsatz von Pepper im GFO Zentrum St. Konstantia: 
https://mam.erzbistum-koeln.de/web/5a50cc50eb9ac2b5/pepper/