Arm trotz Arbeit: Immer mehr Erwerbstätigen in NRW reicht der Lohn zum Leben nicht

17.12.19, 09:00
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Marco Eschenbach

Steigendes Armutsrisiko trotz Beschäftigung. Viele stocken mit Hartz IV auf. Caritas fordert Einstieg in „gute Arbeit“

Arm trotz Arbeit (c) www.pixabay.com

Erzbistum Köln. Die Arbeitslosigkeit sinkt, die Armut steigt: Die Zahl der Menschen, die finanziell nicht mehr über die Runden kommen, wächst auch unter Erwerbstätigen. Der aktuelle Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspflege NRW besagt: Jeder und jede elfte Erwerbstätige war 2018 von Armut bedroht, Tendenz steigend. „Viele Beschäftigungsverhältnisse sind heute unterbezahlt und längst kein Garant mehr zur soliden Existenzsicherung. Diese Fehler der Arbeitsmarktpolitik müssen dringend korrigiert werden“, sagt Arbeitsmarkt-Expertin Andrea Raab vom Kölner Diözesan-Caritasverband.

Sie schuften auf dem Bau, putzen Hotelzimmer oder füllen Regale auf – und trotzdem reicht das Geld nicht für Essen, Miete oder Schulbücher. In NRW stieg 2018 das Armutsrisiko von erwerbstätigen Menschen auf 8,7 Prozent. Das sind knapp zwei Prozentpunkte mehr als vor zehn Jahren (2008: 7,0 Prozent) – und ein Prozent-punkt mehr als der Bundesdurchschnitt (2018: 7,7 Prozent).

Arm trotz Arbeit hat in NRW häufig einen Grund: zu schlecht bezahlte Jobs. 17 Prozent der Vollzeitbeschäftigten erhalten einen Niedriglohn (monatliches Brutto weniger als 2.203 Euro). Und: Die meisten Niedriglohn-Beschäftigten in NRW sind Frauen. Fast jede vierte Vollzeitbeschäftigte ist betroffen.

Besonders erschreckend: Knapp ein Viertel aller Menschen, die in NRW Anfang 2019 Hartz IV bezogen (279.497 / 24,6 Prozent), gin-gen einer Erwerbstätigkeit nach. Über 30.000 davon arbeiteten so-gar in Vollzeit. Im Erzbistum Köln gab es überdurchschnittlich viele Aufstockerinnen und Aufstocker im Rheinisch-Bergischen Kreis (29,4 Prozent), in Leverkusen (27,3 Prozent), im Rhein-Sieg-Kreis (26,6 Prozent) sowie im Rhein-Kreis Neuss (26,5 Prozent).

„Das zeigt, dass die schnelle Vermittlung in nahezu jede zumutbare Tätigkeit viel zu kurz greift. Gerade ungelernte Arbeitskräfte brauchen individuelle Beratung und auch berufsbegleitende Qualifizierungsangebote – viele Alleinerziehende den bedarfsgerechten Ausbau der Kinderbetreuung. Nur so ermöglicht man den Weg raus aus prekärer Beschäftigung, rein in fair bezahlte Arbeit“, fordert Raab.

Infos und Daten aus allen Städten und Kreisen in NRW: www.arbeitslosenreport-nrw.de