Schmerz mit Millionen Gesichtern

07.02.20, 10:00
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Marco Eschenbach

Schmerz mit Millionen Gesichtern

Weibliche Beschneidung: Caritas und SkF Köln präsentieren Dokumentarfilm „In Search – eine Reise zum Frausein“ (c) DiCV Köln

Köln. Eine mutige Kenianerin spricht in ihrem autobiographischen Dokumentarfilm „In Search – eine Reise zum Frausein“ über ihre Beschneidung und die Folgen für Körper und Seele. Am 6. Februar feierte der Film in der Kölner Filmpalette Premiere – im Beisein der Protagonistin Beryl Magoko. Eingeladen hatten der Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln und der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) aus Köln.  

Nach Schätzungen des Netzwerks Integra sind 50.000 Frauen in Deutschland beschnitten. Viele leiden darunter, können es aber nur schwer ansprechen. Ein gemeinsames Beratungsprojekt von Caritas und Sozialdienst katholischer Frauen in Köln unter dem Dach der katholischen Schwangerschaftsberatung esperanza möchte den Frauen jetzt helfen. Dafür werden Beraterinnen und Berater speziell geschult. Finanziert wird das Modellprojekt von der Aktion Neue Nachbarn im Erzbistum Köln.

Mehr als die Hälfte aller Frauen, die sich von esperanza beraten ließen (2018: insgesamt 9.337), haben einen Migrationshintergrund, viele von ihnen kamen als Geflüchtete nach Deutschland. Die Genitalverstümmelung sei immer häufiger Gesprächsthema, ohne dass die Frauen es selbst ansprechen würden, so Birgit Wetter-Kürten, Projektverantwortliche in der esperanza-Beratung des SkF Köln. „Wie kann es gelingen, Frauen dazu zu bringen, über das Erlebte und Erlittene zu sprechen?“ 

Und Dr. Frank Johannes Hensel, Diözesan-Caritasdirektor für das Erzbistum Köln, ergänzt: „Das Thema Genitalverstümmelung scheint fremd und ist mit Tabus belegt. Hier die richtige Sprache zu finden, auch darum geht es in diesem Projekt.“ 

Female Genital Mutilation – Schmerz mit Millionen Gesichtern

Laut UNICEF ist die Verstümmelung weiblicher Genitalien in mehr als 30 Ländern – vor allem in Afrika und im Nahen Osten – verbreitete Praxis. Vermutet wird, dass mehr als 200 Millionen Frauen weltweit betroffen sind. Experten sprechen von der Female Genital Mutilation (FGM). 

„Die Folgen der Genitalverstümmelung haben Einfluss auf viele Lebensbereiche: auf die Gesundheit, eine mögliche Schwangerschaft, sogar ein laufendes Asylverfahren. Viele Frauen, die zu uns kommen, sind traumatisiert. Ihnen fällt es schwer, über das Erlebte zu sprechen“, so Wetter-Kürten. Genau hier setzt das Projekt von Caritas und SkF an. „Uns geht es vor allem um die Sensibilisierung von Kolleginnen und Kollegen in den esperanza-Schwangerschaftsberatungsstellen“, sagt Birgit Wetter-Kürten. Außerdem wolle man Kooperationen in den Städten und Gemeinden schaffen: „Wir arbeiten mit dem Gesundheitsamt zusammen, mit Entbindungskliniken, Frauenärztinnen und -ärzten, mit Familienhebammen, aber auch mit Migrationsberatungsstellen oder dem Flüchtlingsrat.“ 

 „In Search – eine Reise zum Frausein“

Mit zehn Jahren unterzieht sich Beryl Magoko in ihrem kenianischen Heimatdorf einer traditionellen Beschneidung – ohne zu wissen, welche schrecklichen Schmerzen und Konsequenzen damit verbunden sind. 24 Jahre später erzählt sie ihre Geschichte im Film „In Search – eine Reise zum Frausein“.

Mit ihrem persönlichen und politischen Beitrag begibt sich Beryl Magoko auf eine Reise, die sie gleichzeitig in die Vergangenheit und die Zukunft führt. Mit frappierender Offenheit, aber ohne Groll, konfrontiert sie Familie und Beteiligte mit Fragen und Vorwürfen.  

„Viele Jahre habe ich mit diesem Trauma gelebt. Es war schwierig, über mich selbst zu erzählen. Aber dann hatte ich die Chance, einen Film zu machen und habe gesehen: Es gibt keine bessere Protagonistin als mich“, sagt die 37-jährige Beryl Magoko. „In Search – eine Reise zum Frausein“ drehte sie zusammen mit der Kamerafrau Jule Katinka Cramer als Abschlussfilm an der Kölner Kunsthochschule für Medien. 

Informationen und Aufführungstermine zum Film:

https://insearch.magoko.net/